Empathie ist die
Eigenschaft, sich mitfühlend in einen anderen hineinzuversetzen, seine
Gefühle, Wünsche und Hoffnungen wahrzunehmen und von den eigenen Interessen
abzusehen.
Wir sitzen als Zuschauer
im Bürgersaal. Der Gemeinderat tagt. Die Fraktionen geben ihre Stellungnahmen
ab. Zuvor sagt Mathias Rebholz vom Jugendgemeinderat, dass es für die
Jugendlichen, die er vertritt, unerträglich sei, Nazipropagandabilder
hier im Rathaus am Ort der Demokratie zu wissen und dass dies für die
Opfer des NS ein unfassbarer Zustand sei.
Herr Weiss von der
CDU sieht das Engagement des Jugendgemeinderats und des Geschichtsprojekts,
sieht aber keinen Anlass etwas zu verändern, doch die Blätter zu den
Bildern sollen überarbeitet werden. Die Bilder sollen die Auseinandersetzung
mit der Nazivergangenheit befördern. Die Argumentation ist freundlich,
aber die Gefühle und Wünsche der Jugendlichen spielen keine Rolle. Die
Sache scheint von geringem Interesse für die Fraktion zu sein.
Dass die Auseinandersetzung
mit den Propagandabildern im Treppenhaus ohne die Jugendlichen nicht
stattgefunden hätte und unsere Gemeinderäte blicklos an diesen Bildern
wie gewohnt vorbeigerannt wären, spielt keine Rolle.
Herr Welteroth und
Herr Stoltenburg von der SPD äußern ihre persönliche Betroffenheit,
sie zeigen, dass diese Bilder sie verletzen. Sie sehen in ihnen die
Würde der Opfer angetastet. Wir spüren, dass sie auf die anderen zugehen,
deren Empathie einfordern. Sie wünschen den Kompromiss, der die Verletzungen,
die diese Bilder bedeuten, heilen könnte.
Herr Zickgraf von
der FWV sieht aufgrund auch finanzieller Überlegungen keinen Handlungsbedarf.
Die Bilder seien nicht anstößig, da kaum ein Waldkircher
sie überhaupt wahrnehme.
Die Abstimmung selbst
erleben wir als Farce: alles scheint vorher abgesprochen, die Diskussion
diente nicht zur Meinungsfindung, sie war Fassade.
Uns stellt sich
die Frage, wie wir den Jugendlichen, die dies miterleben, das Engagement
für eine lebendige Demokratie vermitteln sollen.
So haben sich die
Gemeinderäte dafür entschieden, weiter mit kriegsverherrlichenden Bildern
in ihrem Rathausflur zu leben. Eine
Entscheidung, die für die Opfer und die Jugendlichen, die sich in diese
eingefühlt haben, ein glatter Schlag ins Gesicht ist.
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